Montag, 9. Juni 2008

Schräge Töne für den guten Klang

Ein kleiner Artikel über "Tango de Concierto":

A small article about "Tango de Concierto":



Freudental, 09. JUNI 2008

 
Das Duo "Tango de Concierto" fesselt im Freudentaler PKC mit unwiderstehlichen Rhythmen

Auf eine Reise in die Welt des Tangos nahm das Duo "Tango de Concierto" die Zuhörer im PKC mit. Diese ließen sich willig am Freitag entführen.


Raul Jaurena (li). und German Prentki begeisterten. Foto: Helmut Pangerl


Wer könnte sich ihm widersetzen, dem schleifenden, unwiderstehlichen Zweier-Takt des Tangos? Dieser großartigen Tanzmusik, die Astor Piazzolla zur Kunstmusik erhoben hat. Die ihren Weg aus zwielichtigen Hafenbars und billigen Kaschemmen auf die großen und kleinen Bühnen der Welt gefunden hat. Wer sich dem Tango einmal verschrieben hat, kommt nicht mehr von ihm los. Dies war augenscheinlich auch der Fall beim bunt gemischten Publikum, das sich zahlreich im Pädagogisch Kulturellen Centrum Ehemalige Synagoge Freudental am Freitagabend eingefunden hatte.

Mit Bandoneon und Cello gewährten die beiden aus Uruguay stammenden Musiker Raul Jaurena und German Prentki in einem gut zweistündigem Konzert Einblicke in die Welt des Tangos. Sie boten auf ihrer Reise, die mitten in das Treiben lateinamerikanischer Städte führte, einen Querschnitt durch die verschiedenen Arten des Tangos. Neben eigenen Kompositionen im Stil des "Tango nuevo" spielten sie Werke von Astor Piazzolla und traditionelle Tangos, vertraute Melodien, die zum Mitsummen verleiteten. Außerdem erklangen Walzertangos und etwas verspieltere Milongas, die schnellere, meist im 4er-Takt gehaltene Variante des Tangos. Auf diese Weise veranschaulichten sie die charakteristischen Unterschiede beim Tango aufs Beste.

Während sich die Abenddämmerung durch die großen Fenster der Synagoge langsam in den Saal legte und sich draußen die Blätter der Bäume leise im Wind bewegten, entführten Raul Jaurena und German Prentki mitten in das pralle Leben von lärmender Großstadt, geschäftigen jungen Menschen und träumenden Alten. Bilderreich ist die Sprache ihrer Musik, melancholisch und aggressiv zugleich. Als Meister ihres Faches verstehen sie es, leise gezogene Töne zu harschen Attacken anschwellen zulassen. Dissonanzen kosten sie voll aus, irritierende Glissandi unterbrechen den Fluss, bis schließlich alles wieder in den typischen Schrittrhythmus mündet. Melancholie und plötzliche Kraftausbrüche in der Musik zeugen vom bewegten Leben und der Gefühlsintensität dieser Welt auf dem fernen Kontinent. Die beiden Musiker gewährten sich immer wieder hinreißende solistische Passagen, in denen German Prentki sein wunderbar warm und voll tönendes italienisches Cello, das an die 120 Jahre zählt, singen ließ. Raul Jaurena Bandoneon hingegen jauchzte und ächzte, schluchzte und schmachtete herzerweichend. Die ganze Bandbreite musikalischer Gefühlslagen entlockte der Meister seinem Instrument.

Übrigens stammt das Bandoneon nicht aus Lateinamerika, wie man annehmen sollte, sondern aus Deutschland. Gefertigt wurde es zum ersten Mal von einem Instrumentenbauer aus dem Vogtland. Vertrieben hat es dann allerdings ein äußerst geschäftstüchtiger Herr namens Band aus Krefeld. Dessen "Band Union" machte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasch einen großen Namen, und dies nicht nur in Europa, sondern auch auf der anderen Seite des Atlantiks. Über Nordamerika gelangte das Bandoneon, wie es bald überall hieß, nach Lateinamerika, und wurde dort zum Standartinstrument der Tangospieler. So seltsam können die Wege der Instrumentengeschichte verlaufen.

Dass es den Weg zurück bis nach Freudental gefunden hat, darüber konnte sich das Publikum von "Tango de Concierto" nur freuen, das die Künstler nur widerwillig entließ.

Clarissa Soder  [BZ]

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